Die Vorfahrtsregel des § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO (“rechts vor links”) findet auf öffentlichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung weder unmittelbar noch im Rahmen der Pflichtenkonkretisierung nach § 1 Abs. 2 StVO Anwendung, soweit den dort vorhandenen Fahrspuren kein eindeutiger Straßencharakter zukommt. (Leitsatz des Gerichts)
BGH, Urteil vom 22.11.2022, Az.: VI ZR 344/21
Was ist geschehen?
Auf dem Parkplatz eines Baumarktes kam es zwischen zwei Pkws zu einer Kollision. Die Sichtfelder beider Kraftfahrzeugführer waren durch einen parkenden Sattelzug erheblich eingeschränkt. Die Vorinstanzen sprachen zugunsten des von rechts kommendem Kläger eine Quote von 70 % zu. Mit der Revision begehrte der Kläger die vollständige Regulierung des Schadens mit einer Quote von 100 %.
Entscheidung des BGH
Der BGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts, wonach Fahrspuren auf öffentlichen Parkplätzen keine Straßen sind.
Damit ist die „rechts vor links“ Regelung weder unmittelbar nach § 8 StVO noch mittelbar über die Rücknahmepflicht gemäß § 1 Abs. 2 StVO anwendbar.
Ausnahmsweise findet die „rechts vor links“ Regelung jedoch dann Anwendung, wenn die Fahrspuren auf öffentlichen Parkplätzen einen „eindeutigen Straßencharakter“ haben.